Musikalische Leitung Maxim Emelyanychev
Inszenierung David Hermann
Bühne Bettina Meyer
Kostüme Esther Geremus
Lichtgestaltung Franck Evin
Choreinstudierung Jürg Hämmerli
Sound-Collagen Malte Preuss
Dramaturgie Beate Breidenbach
Bassa Selim: Sam Louwyck
Konstanze: Olga Peretyatko
Blonde: Claire de Sévigné
Belmonte: Pavol Breslik
Pedrillo: Spencer Lang
Osmin: Nahuel Di Pierro
Janitscharen: Katarzyna Rzymska, Bettina Siegfried, William Lombardi, Michael Schwendinger
Orchestra La Scintilla
Zusatzchor der Oper Zürich
Statistenverein am Opernhaus Zürich
Nachdem ich im November krankheitshalber eine teure Karte hatte
verfallen lassen, kaufte ich mir für die Dernière dieser Neuinszenierung
noch eine billige (stellte sich aber als sehr guter Platz heraus … muss
mir langsam merken, welche billigen Plätze wirklich was taugen), denn
ich wollte Peretyatko doch noch sehen – und hörte auch im Pausengespräch
mit einem älteren Herrn in der Tonhalle (der seine Abo-Karte für den
„Serail“ weitergereicht hatte, weil ihm die Kritiken die Lust
verdarben), dass die Inszenierung doch ganz in Ordnung sein soll. Der
erste Schreck war die Ankündigung, dass Peretyatko erkältet sei, aber
singen werde, lediglich um etwas Nachsicht bitte. Das stellte sich zum
Glück als überflüssige Warnung heraus – es dauerte wohl da und dort ein
paar Töne, bis ihre Stimme frei war (Järvi hatte im Konzert in der
Tonhalle neulich übrigens mittendrin einige Male gehustet, zum Schluss
sogar mit Taschentuch, während er einhändig weiterdirigiert).
Was nun die umstrittene – im Tagesanzeiger verrissene, in der NZZ
diskutierte – Inszenierung betraf: die Grundidee ist es, die Handlung
als innere im Kopf von Belmonte darzustellen, als Eifersuchtsdrama, als
Wahn mit Doppelgängerpaar (Pedrillo und Blonde) und einem stummen
Verführer, sehr toll von Sam Louwyck gespielt, dieser Bassa Selim, der
sich nachts um Belmonte schlängelte, jeder Berührung auswich bzw. sich
zurückstossen liess, der aber auch zumal fürs Publikum sichtbar das Bett
mit der angebeteten Konstanze teilte, aber ob sie sich ihm nun hingab
oder nicht, bleibt natürlich unklar, denn wir sind ja nur im Kopf von
Belmonte. Der Rahmen für das Drama um Belmontes krankhafte Eifersucht
ist ein schickes Restaurant, in dem dieser zum Auftakt seiner Konstanze
gleich mal vorwirft, ihn zu betrügen (so wird auch vom Sinn her denn
einiges umgestellt, die grosse „Martern“-Arie von Konstanze zumal,
während anderes dann doch nicht mehr so ganz passt, Blondes
„Zärtlichkeit und Schmeicheln“-Arie etwa) – und in dem Osmin quasi als
Personifizierung der Ängste des Belmont den Oberkellner mimt. Angst vor
dem Verlust, Angst vor der gesellschaftlichen Blamage (die tritt
natürlich umgehend ein, denn Konstanze schliesst sich in der Toilette
ein und die ganze Bude glotzt), Angst auch vor der „Abweichung“: in der
„Vivat Bachus“-Szene wird es später handfest homoerotisch zugehen
zwischen Pedrillo und Osmin. Zudem ist anzufügen, dass fast komplett auf
die gesprochenen Dialoge verzichtet wurde, dass zwischen einigen
Nummern dafür eine leise pochende oder sirrende Geräuschkulisse
eingebaut wurde, die wohl das Blut in Belmontes Kopf darstellen sollte,
seine innere Erregung.
Am Pult der Scintilla – dem HIP-Ensemble des Opernhauses, das ich zum
ersten Mal in Aktion erlebte – stand Maxim Emelyanychev, der für den
schon während der Probenarbeit krankheitshalber ausgefallenen Teodor
Currentzis einsprang (ihn habe ich bisher leider immer verpasst, aber
sowohl hier wie auch bei Shostakovich, s.u., gab es würdigen Ersatz).
Das Orchester spielte formidabel auf (im Gegensatz zum Verriss im
Tagesanzeiger hörte ich keinesfalls Patzer am laufenden Band) und ich
fand es überhaupt klasse, eine Oper mit solcher Begleitung live zu
hören, kannte ich bisher ja nur auf CD und das ebnet im Vergleich ja
schon sehr ein.
Peretyatko als Konstanze mag da und dort mit ihrer eher leichten
Stimme tatsächlich an die Grenzen gekommen sein, ich fand sie allerdings
sängerisch wie darstellerisch überzeugend. Pavol Breslik als Belmonte
gefiel mir gut, aber Spencer Langs Pedrillo war eine Spur besser,
intensiver, direkter – letzteres Prädikat passt auch auf Claire de
Sévignés Blonde. Es ist, als hätte das „niedere“ Paar sich weniger mit
dem Ballast der Interpretation zu befassen, schliesslich waren sie ja
nur Doppelgänger, der Belmont’schen Phantasie entsprungen. Nahuel Di
Pierro hat nicht ganz die nötige Tiefe für Osmin – aber da bin ich
vorbelastet, ausser Gottlob Frick kann keiner die Rolle wirklich perfekt
singen, glaube ich.
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