Sheila Jordan (voc), Renato Chicco (p), Peter Herbert (b)
Gestern im Moods in Zürich die grosse Sheila Jordan Show … nach zehn Jahren und ein paar Wochen vor ihrem 89. Geburtstag ist sie immer noch ziemlich fit – vor allem stimmlich. Die Intonation ist schwer und sehr eigen, die Stimme tiefer geworden und oft mürbe wie jene der späten Billie Holiday, aber dann setzt sie einen Schnörkel und zieht ihn in die Höhe, auch der Wechsel in die Kopfstimme funktioniert noch leidlich gut. Aber all das spielt ob ihrer Ausstrahlung überhaupt keine Rolle, sie hat den Raum sofort im Griff, ein paar launische Ansagen, ein paar Textzeilen, die sie so ähnlich wohl immer wieder bringt, aber den Abenden, den Orten, den Räumen anpasst. Spätestens im zweiten Song ist auch der letzte Zweifel verflogen.
Die Band macht einen sehr guten Job, auch wenn Chicco gewiss kein charismatischer Pianist ist und seine Beiträge waren oft eher Atempausen für Jordan als wirklich anregende Soli, Herbert machte am Bass einen sehr guten Job und zusammen swingte das auch ohne Schlagzeug mehr als ordentlich. Bei der Art und Weise, wie Jordan phrasiert, ist es auch gewiss nicht einfach, diesen gemeinsamen Swing über den ganzen Abend aufrechtzuerhalten. Es gab Standards und alten Pop wie „It’s You or No One“, „How Deep Is the Ocean“, „All Or Nothing at All“, ein native american Intro (auf den Alben heissen diese Stücke „Child Song“, „Little Song“ oder ähnlich) führte direkt über in „The Moon Is a Harsh Mistress“, den Opener ihres Debut-Albums „Falling in Love with Love“, Abbey Lincolns „Bird Alone“, sie sang im ersten Set eine grossartige langsame Version von „Oh Lady Be Good“ als Hommage an Ella Fitzgerald, erzählte und sang ihre Stories über die Begegnungen mit Lennie Tristano und vor allem mit Charlie Parker („Confirmation“ und wenigstens noch ein eigenes Stück und auch eingestreutes in ihren improvisierten eigenen Strophen) – und natürlich fehlte weder ihre umgewandelte (weibliche) Version von „Dat Dere“ (im zweiten Set im Duo mit Herbert) noch gegen Ende des zweiten Sets „Sheila’s Blues“.
Die beiden Sets dauerten je eine gute Stunde – und am Ende des zweiten, das gebührend mit einem Single Malt begossen wurde, hatte ich tatsächlich einmal Tränen in den Augen. So grossartig war dieser Auftritt, dass tatsächlich keine Fragen offen blieben und sich das dieses unfassbare Gefühl einstellt, in dem man alles begriffen hat und eigentlich gar nichts mehr will.
„Sheila’s Blues“ von 2012 (so gut wie das Piano-Solo hier war Chicco dann aber locker auch … aber in dem Stück spielte er wohl auch sein bestes des Abends)
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