Cinema Lumière, Bologna (Fotos von Pietro Germi's "Sedotta e abbandonata" und Kote Mikaberidze's "Chemi bebia") |
Übersicht:
1) Prolog, Auftakt und Dokumentationen
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vom Il Cinema Ritrovato in Bologna, der 38. Ausgabe des Festivals, das für mich
der Inbegriff vom "Paradiso die cinefili" ist, wie eine der Programmschienen
heisst. Diese sind etwas unübersichtlich und das ist vielleicht die eine Kritik,
die aber in meinen Augen keine zu grosse Rolle spielen kann. Es gibt ein paar
"special events" (dieses Jahr u.a. Besuche von Wim Wenders, Alexander
Payne oder Damien Chazelle), dazu die Schienen "The Time Machine"
(dieses Jahr Filme von 1904 und "A Hundred Years Ago: 1924", die "Documents
and Documentaries"-Schiene sowie eine Reihe mit Filmen mit Delphine Seyrig),
"The Space Machine" (dieses Jahr neben der regulären "Cinemalibero"-Reihe
auch Retrospektiven von Kozaburo Yoshimura, Gustaf Molander und Parajanov sowie
eine Reihe namens "Dark Heimat" mit ungewöhnlichen Heimatfilmen aus
der unmittelbaren Nachkriegszeit), und eben: "Il Paradiso dei
cinefili" bzw. "The Cinephiles' Heaven" (dieses Jahr mit
Retrospektiven von Anatole Litvak und Pietro Germi, einer Reihe mit Filmen von
Marlene Dietrich, der Reihe "The Colours of Small Gauge Cinema" sowie
der stets grössten Reihe, "Recovered and Restored").
Die
Zahlen sind eindrücklich: 480 Filme (inkl. unzählige Kurzfilme) aus 35 Ländern,
von über 140 Archiven und Leihgeben zusammengetragen – 4 Festival-Leiter*innen,
12 Kurator*innen, 81 Mitarbeiter*innen der Cineteca sowie des neuen Spielortes,
dem vor kurzem wiedereröffneten wunderbaren Cinema Modernissimo, dazu 110
"collaborators" und über 300 "volunteers", die für einen
reibungslosen Ablauf sorgen. Über 5700 Festivalpässe wurden verkauft, an Leute
aus 72 Ländern. Und es ist wirklich schön, dass ein solches Festival gedeihen kann.
Ich war zum zweiten Mal in Folge beim ganzen Festival (inklusive Kinobesuch am
Vorabend der Eröffnung und zehntem nachgeschobenem Marlene-Dietrich-Tag und ein
paar weiteren Besuchen des Open Airs auf der Piazza Maggiore, das über mehrere
Wochen läuft), nachdem ich vor zwei Jahren ca. die Hälfte der Festivaltage
besucht hatte (das ging damals noch ohne Festivalpass, was schon 2023 nicht mehr möglich
war) und ein paar Jahre zuvor zufällig während einer Urlaubsreise auf das Festival
aufmerksam wurde, als ich für ein paar wenige Vorstellungen Karten kaufte.
Los
ging es am Samstagmittag im Cinema Modernissimo mit einem Besuch im Caffè Pathé.
Doch erst sagten die vier Leiter*innen des Festivals je ein paar Worte: Cecilia
Cenciarelli (u.a. für die Cinemalibero-Reihe verantwortlich), Gian Luca
Farinelli (Direktor der Cineteca), Ehsan Khoshbakht (er programmiert u.a. die
"Classic Hollywood"-Schiene: nach Hugo Fregonese und Rouben Mamoulian
dieses Jahr Anatole Litvak) und Mariann Lewinsky. Zu sehen gab es nach einer launigen
Einleitung durch Pénélope Riboud-Seydoux, die Direktorin der Fondation Jérôme
Seydoux-Pathé, fünf stumme Kurzfilme, von Daniele Furlati am Klavier begleitet,
und ein kurzes Newsreel über das jährliche Kellner-Wettrennen in Paris (gendern
musste man da noch nicht, und die Geschlechterklischees waren auch in den
Kurzfilmen teils schwer zu ertragen): Première
sortie d'un collégien (Louis Gasnier, Frankreich, 1905), Les Chiens policiers (Lucien Nonguet, Frankreich,
1907), Le Cake-Walk forcé (Frankreich,
1907), La Tournée des Grands Ducs (Léonce
Perret, Frankreich, 1910), Jobard est
demandé en mariage (Émile Cohl, Frankreich, 1911), La Course des garçons de café (Frankreich, 1949)
Schon
am Vorabend war ich für Onde está
Pessoa? (Leonor Areal, Portugal, 2023) zum ersten Mal ins Cinema
Modernissimo gepilgert. Der gut stündige Film bietet Archivarbeit vom Feinsten.
Ausgangspunkt sind fünf Minuten Filmmaterial von 1913, aufgenommen vor einem
Konzertsaal nach einem Symphoniekonzert. Was zunächst wie anonyme Bilder wirkt,
wird zum Leben erweckt. Areal beginnt, einzelne Personen aufzuspüren. Die
Menschen, die aus dem Saal strömen, scheinen von der Kamera überrascht, sie
blicken direkt ins Bild, machen Faxen, Gesten, inszenieren sich, erlauben sich
einen Scherz, kommen nochmal zurück usw. Areal zoomt rein in die Bilder, lässt
sie in Zeitlupe laufen, skippt vor und zurück und erzählt dazu die Geschichten
der Menschen und ihre Beziehungen zu Fernando Pessoa, nach dem sie zu suchen
beginnt, weil einige der erkannten Männer zu dessen Freundes- und
Bekanntenkreis gehören. Schliesslich entdeckt sie ihn, zusammen mit seiner
Tante, in der Menge. Eine Hypothese, die Areal in ihren einleitenden Worten nachschob:
es könnte sich beim Material, auf dem ihr Film beruht, auch um die Outtakes
handeln, das weggeschnittene Material, das zu einem wenigstens bisher nicht wieder
aufgespürten Film gehörten könnte.
Ein
paar Tage später guckte ich aus der Dok-Schiene noch ein Double-Feature: Der
22minütige Mayday (USA, 1970, May
First Media [Josh Morton/Nick Doob]) wurde als Vorfilm vor dem etwas über eine
Stunde dauernden The Bus (Haskell
Wexler, USA, 1965) gezeigt. "Mayday" dokumentiert die grossen Proteste
im Frühling 1970 in New Haven, CT, gegen Mitglieder der Black Panther im
Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung des mutmasslichen FBI-Informanten
Alex Rackley, während "The Bus" die Reise einer Gruppe aus
Kalifornien zum March on Washington for Jobs and Freedom im Sommer 1963
diskutiert – und dabei ein paar Dutzend der über 200'000 Teilnehmer*innen ein Gesicht
gibt, ihre Geschichten erzählt. Dabei werden Bruchlinien innerhalb der Gruppe aufgezeigt,
ebenso wie der Stand der Diskussion von damals. Das hat auch etwas leicht
Tragisches, denn es ist so ziemlich derselbe, wie er um die BLM-Proteste der
letzten Jahre wieder aufgewärmt wurde. Als hätte sich in all den Jahren in
allzu vielen Köpfen gar nichts getan (von Punkten wie dem, dass man aufpassen
müsse, dass der Effekt nicht nach hinten los ginge, weil durch das bestimmte Auftreten
zu viele Menschen verschreckt würden bis zum elenden "aber all lives
matter"-Geraune).
In
diesem Programmsegment habe ich dieses Jahr viel zu viel verpasst, u.a. frühe
Dokumentarfilme von Stanley Kubrick, eine Hommage an Luc de Heusch, Filme von
Lionel Rogosin (zum 100.) – aber nicht die Hommage an Nicolás Guillén Landrián,
die aus ein paar von dessen kurzen Dokumentarfilmen sowie dem Dokumentarfilm
"Landrián" (Ernesto Daranas Serrano, Cuba/Spanien, 2023) bestand:
diese werde ich im August in Zürich nachholen, wo sogar ein paar Kurzfilme von
Landrián auf dem Programm stehen. Den neuen Dokumentarfilm "Jacques Demy, le
rose et le noir" (Florence Platarets und Frédéric Bonnaud, Frankreich,
2024) konnte ich wegen eines Fehlers im Programm nicht gucken – dafür guckte
ich "Tasio" und sah damit die "Cinemalibero"-Schiene
komplett. Die Kurzfilme von Sarah Maldoror, ebenfalls im Cinemalibero-Segment,
hätten auch hier in die "Documenti"-Schiene gepasst.
In einigen
der erwähnten Programmschienen, besonderes der grössten, "Recovered and
Restored", gibt es jeweils noch ein paar Schwerpunkte. Dieses Jahr gab es
z.B. einen mit der Überschrift The Past
Is a Ghost Town, von der ich den zweiten Teil gesehen habe, der wiederum mit
Place überschrieben war. Darin gab
es drei im weitesten Sinn "Reisefilme", begleitet von Daniele Furlati
am Klavier. Der Hauptfilm war Viaggio
Napoli–Mogadiscio: km 8000 circa (Italien, ca. 1928), nicht vollständig
überliefert und unklaren Ursprungs, aber ziemlich faszinierend. Es geht auf dem
Schiff von Italien in die Kolonien, die Fahrt für durch den Suez-Kanal nach
Somalia, wo die ganzen Reichtümer der Kolonie aufgezählt und ins Bild gesetzt
werden – natürlich vollkommen unkritisch, alles geht geordnete Wege, wirkt
effizient, aufgeräumt, Plantagen, Manufakturen usw. – und natürlich kommt das
nicht ohne rassistische Stereotype aus. Ähnlich die zehnminütige Dokumentation Antigua (UK, 1918), in der eine kleine
Kolonie einer anderen europäischen Macht ins Bild gesetzt wird, in diesem Fall
inklusive historischer Sehenswürdigkeit, Nelson's Dockyard, das die britische
Navy Ende des 19. Jahrhunderts verlassen hat. Ganz anders dann der Tonfall in Venezuela (UK, 1918): ein unabhängiges
Land (seit 1811) kann natürlich nicht wohlgeordnet sein, Caracass sei eine
lethargische Stadt mit einer ungebildeten Bevölkerung, so der erste
Zwischentitel, kaum hat der Film begonnen. Faszinierend, solche Einblicke zu
kriegen – und die waren natürlich eingebettet durch die Einleitung von Andrea
Meneghelli, der die zwei "Past Is a Ghost Town"-Programme kuratiert
hat (im ersten, "Time" überschrieben, ging es u.a. ins antike Ostia, mit
Torquato Tasso ins "heilige Land", ins antike Griechenland und nach
Sibirien – wäre bestimmt auch interessant gewesen).
Co-Leiterin des Festivals Mariann Lewinsky & Fotos aus dem Nachlass von Albert Samama Chikli |
2) Raritäten aus dem Osten und aus dem Süden
Von hier ist es nicht weit zu den Raritäten, oder? Eine der grössten Entdeckungen hätte ich fast übersprungen: Chemi Bebia (My Grandmother) (Kote Mikaberidze, USSR, 1929), eine einstündige, gnadenlose Bürokratiesatire, explosiv begleitet vom finnischen Trio Cleaning Women (drei Jungs in Röcken, die grossteils selbstgebaute Instrumente spielen). Ein völlig irrer Film mit tollem Soundtrack. Der georgische Regisseur Kote Mikaberidze konnte danach keinen weiteren Film mehr drehen – eigentlich Beweis genug für die Schlechtheit der Welt. Antti Alanen im Programmheft:
No holds are barred in Kote Mikaberidze’s savage attack on bureaucracy. There are affinities with the Dada, the wildest masters of early film farce (Cretinetti), early Eisenstein (Strike), and the FEKS school of Soviet cinema. Mikaberidze’s film is a firework display of visual technique. There are urban montages, distorted visions, object-animation sequences, slow-motion passages, and extreme close-ups. The entire film is geared to extreme states of consciousness. One of the wittiest and most original inventions is towards the end when the characters in a chase sequence transform into their own shadows.
A dystopian vision of an open-space office is a recurrent feature in classic films exposing the alienation of the modern workspace. We remember The Crowd by King Vidor, The Apartment by Billy Wilder and The Trial by Orson Welles. Mikaberidze beats them all with his vision of the bureaucratic workspace. This incredible work is a must-see for all people interested in films that transcend the limits of conventional narrative.
Dasselbe
Schicksal – Karrierenende nach dem ersten Langfilm – erlitt auch Ester
Krumbachová, die tschechische Drehbuchautorin, Kostüm- und Bühnenbildnerin und
Regisseurin. Auch ihr Vražda ing.
Čerta (Murdering the Devil) (Ester Krumbachová, CSSR, 1970) gehört zu
meinen grossen Entdeckungen des Festivals. Ein surrealistischer Film im
bürgerlichen Gewand, ein Geschlechterstreit in Form eines wüsten Fressens. Selbst
Stuhlbeine sind vor dem diabolischen Appetit des Ingenieurs Cert (= Teufel)
nicht sicher. Martin Šrajer im Programmheft: "With previous projects, Krumbachová could only use a
fraction of her skills. On Vražda ing.
Čerta she embraced everything she was fascinated by and excelled at. She
herself gave form to a detailed mise-en-scène with a touch of Art Nouveau and
occultism, sewed the clothes, made the jewellery, designed the furniture, and
even prepared the food that conveys more meaning than the dialogue. The film
passed censorship and was allowed to premiere in September 1970. However,
artistic opportunities of Krumbachová, who collaborated on many politically
problematic films of the Czechoslovak New Wave, were gradually cut down. She
never made another film. This visually opulent parable about male and female
roles not only launched but also ended the directorial filmography of this
Renaissance woman."
In der "Recovered and Restored"-Schiene ging auch die Ausgrabung aus dem Nachlass des tunesischen Filmemachers, das Progetto Samama Chikli weiter, kuratiert von der Festival Co-Direktorin aus der Schweiz, Mariann Lewinsky, die letztes Jahr schon zwei Vorstellungen mit Filmen von Albert Samama Chikli präsentierte, die mich so fasziniert hatten, dass ich auch dieses Jahr wieder hin musste. Es gab zuerst ein paar Kurzfilme, ergänzend zu den letztes Jahr gezeigten: Pêche de thon de Sidi Daoud (1905, 5'), Pêche au thon Sidi Daoud (1906, 2'), Industrie agricole arabe (1911, 5'), Industrie des éponges (1912, 6'), dann eine kurze Zusammenstellung von Albert Samama Chikli fragments et inédits (1905–1920, 5') und als Highlight am Schluss die Rekonstruktion des Spielfilms Aïn-el-Ghezal. La Fille de Carthage (1923–1924), für den Chiklis Teenager-Tochter Haydée Chikli das Skript geschrieben und dann auch gleich die Hauptrolle übernommen hat. Viel neues Material wurde dem Nachlass zwar nicht entlockt, aber anhand der Textmaterialien zum Film konnten die vermutlich von René Charles zerschnipselten und völlig neu zusammengesetzten Fragmente in eine neue Reihenfolge gebracht werden, die dem Original vermutlich einigermassen entsprechen sollte und die Handlung – ergänzt durch Stills und nachträglich ergänzte Texttafeln – nun nachvollziehbar macht, im Gegensatz zur verstümmelten bisher bekannten Fassung. Letztes Jahr hatte man diesen Film noch nicht gezeigt, weil die bisher bekannte Fassung eben völlig unsinnig war. Stephen Horne war schon damals dabei, wie üblich an Klavier, Querflöte und Akkordeon, dieses Jahr zusammen mit Frank Bockius am Schlagzeug – grossartig begleitet und besonders das 25minütige Spielfilmfragment ein echtes Highlight.
Co-Leiterin des Festivals Cecilia Cenciarelli & Annouchka De Andrade |
3) Cinemalibero
Von den
Raritäten ist es nur ein kleiner Schritt zur Cinemalibero-Reihe, die ich dieses
Jahr vollständig gesehen habe. Bona
(Lino Brocka, Philippinen, 1980) war meine erste grosse Entdeckung des
Festivals, ein beeindruckender Film, in der Darstellung nah an der Titelfigur
bleibend, die sich obsessiv auf eine missbräuchliche (Nicht-)Beziehung einlässt.
Dabei wirkt der Film nie wertend, versucht auch – zumindest mit Worten nicht – zu
erklären, zeigt einfach nur, und wirkt dadurch umso heftiger. Der Film wurde
von Carlotta Films in 4K restauriert und im Frühling in Cannes erstmals in der
Version gezeigt.
Khak-e Sar Bé Mohr (The Sealed Soil) (Marva
Nabili, Iran, 1977) war der nächste Film, den ich sah. Die nachträglich
gefertigte Tonspur wirkt, als gehöre sie nicht so recht zum Film, was
anfänglich recht irritierend war. Dennoch ein wahnsinnig starker Film und eine
grosse Entdeckung. Die Eintönigkeit und Monotonie im Alltag einer jungen,
unverheirateten Frau, ihre stille Rebellion und ein Moment Befreiung (eine
poetische Szene: sie zieht sich im Regen am Fluss aus) bis zum Moment der
«Entladung» - und hinter allem stets die dominante, elende Männerwelt, die die
Aufmüpfigkeit am Ende mit einem Exorzismus-Ritual bestraft. Im Iran nie gezeigt
kursierte der Film nur auf schlechten VHS-Kopien – zum Glück wurde er UCLA Film
& Television Archive restauriert.
Dann Festa – Una trilogia di Sarah Maldoror,
eine von der Tochter der Regisseurin, Annouchka de Andrade, zusammengestellte
und präsentierte Kompilation von drei Filmen: Fogo, l’Île de Feu (Frankreich/Kapverden, 1979), Cap-Vert, un Carnaval dans le Sahel (Frankreich/Kapverden,
1979) und À Bissau, le Carnaval (Guinea-Bissau,
1980). Nachdem sie bereits den Befreiungskampf in Angola und Guinea-Bissau filmisch
dokumentiert hatte, wurde Sarah Maldoror eingeladen, die Anfänge der
Unabhängigkeit zu dokumentieren. Die Filme sind vor dem Coup im November 1980
entstanden, mit dem das Ende der PAIGC besiegelt wurde, der von Amilcar Cabral gegründeten
Partido Africano para a Independência da Guiné e Cabo Verde. Bei den Maifeiern,
die in "Fogo" zu sehen sind, wird Cabral gehuldigt, der Off-Kommentar
erörtert die historische Bedeutung der Inseln. In den beiden folgenden Filmen
werden die Vorarbeiten und die Karnevalsprozessionen dokumentiert, Kultur,
Politik und Tradition ineinderverwoben. Ein Fluss von Bildern, dem ich auch über
Stunden hätte zuschauen können. "My
sister Henda and I were committed to restoring these three films to be able to
present them together in a single programme as an expression of the emancipating
force of culture, and as an illustration of the poetic cinema of our mother,
Sarah Maldoror." - So Annouchka de Andrade im Programmheft. Die Filme
wurden 2024 vom CNC in 4K restauriert, ab den originalen 16mm- und
Magnetbändern)
Entezar (Waiting) (Amir Naderi, Iran, 1974) ist ein Filmpoem, eine "semi-autobiographical, dialogue-free meditation on puberty and desire", eine Dreiviertelstunde kurz, dabei ziemlich repetitiv – und auch nicht ganz ohne Dialog: Ein Junge wird vom Alten Paar, bei dem er lebt, beauftragt, Eis zu holen, verliebt sich in das Mädchen, das ihm dieses reicht – und von dem er nur die Hände zu sehen kriegt. Den Schnitt überliess Naderi wie bei anderen Filmen auch hier keinem Cutter sondern einem Regie-Kollegen, in diesem Fall dem Dokumentarfilmer Kamran Shirdel. Gedreht wurde der Film für Kanoon, das 1965 gegründete "Center for the Intellectual Development of Child and Adolescent" in Teheran.
Nach dem kurzen Film aus dem Iran
war genügend Platz für den zweieinhalbstündigen Camp de Thiaroye (Ousmane Sembène/Thierno Faty Sow, Senegal/Algerien/Tunesien,
1988), die einzige Sembène-Leerstelle, die ich nach der Retrospektive im
Zürcher Filmpodium noch hatte. Ein wichtiger (fiktionalisierter) Film über das
Massaker von Thiaroye, bei dem eine Gruppe von "tirailleurs" niedergeschossen
wird. Die "tirailleurs", meist zwangsrekrutiert, hatten für die
Kolonialmacht im Zweiten Weltkrieg gekämpft, wurden nach ihrer Rückkehr
interniert und nicht korrekt behandelt und entlöhnt, was zu einer Meuterei und
deren brutaler Unterdrückung führt. Bedrückend, und dabei bis zum Schluss spannend
– obwohl das Ende bekannt ist. In Frankreich wollte man den Film zu verhindern
suchen, ein rassistischer Schweizer Verleih sicherte sich dann die Rechte für
den ganzen Westen, um den Film für 10 Jahre aus dem Verkehr zu ziehen. (Auch
hier eine 4K-Restaurierung durch das World Cinema Project der Film Foundation
und die Cineteca di Bologna, 2024.)
Eine ganz grosse Überraschung
und eine meiner grössten Entdeckungen des Festivals war dann Māyā Miriga (Nirad Mohapatra, Indien, 1984).
Der Odia-Film (heisst: im Bundesstaat Odisha in Oriya gedreht) zeigt den Alltag
einer sich auflösenden wohlhabenden Familie in Indien. Drei – bald vier – Generationen
leben unter einem Dach, vier Söhne und eine Tochter suchen ihren Weg, heiraten,
ziehen weg, die Schwiegertöchter werden als Küchenhilfe ausgenutzt, die Söhne suchen
sich vom Patriarchen zu befreien, während dessen Mutter stirbt. Ein grosses
Drama in kleinen Gesten, das auch in seiner Entstehung (Mohapatras einziger
langer Spielfilm, er war sonst v.a. auf Dokumentarfilme spezialisiert, drehte laut
Wikipedia aber auch Soap Operas) einige Hindernisse überwinden musste: einen
Unfall einer Hauptdarstellerin führte zu einem monatelangen Drehstopp, der
Check der Regierung zur Unterstützung des mit kleinstem Budget in Puri gedrehten
Film wurde von einer Kuh gefressen … Damals feierte der mit
Laiendarsteller*innen gedrehte Film Erfolge und lief in Europa und den USA bei
Festivals, doch geriet er bald in Vergessenheit. Drei Jahre dauerte die
Restaurierung, nachdem das Negativ in schlechtem Zustand in einer verlassenen
Lagerhalle gefunden wurde. Unbedingt erwähnenswert ist auch der grossartige, eindringliche
Soundtrack von Bhaskar Chandavarkar.
Nujum An-Nahar (Stars in Broad Daylight)
(Ossama Mohammed, Syrien, 1988) präsentiert ein recht ähnliches Thema, aber aus
einem ganz anderen Kulturkreis: bei einer Doppelhochzeit haut die eine Braut kurzentschlossen
ab, worauf die andere sich ebenfalls verweigert… das Leben verlegt sich vom
Dorf in die Stadt, geht irgendwie weiter. Den Reigen an Personen und Geschichten
fand ich durchaus interessant, habe aber viele Anspielungen und Doppelbödigkeiten,
den Sarkasmus des Filmes, bestimmt nicht verstanden. Mohammeds Film wurde 1988
einmal in Damaskus vor einem geladenen Publikum aus Künstlern und
Intellektuellen gezeigt, und dann umgehend verboten. Er durfte allerdings dann
bei den Festivals in Cannes, Valladolid und Rabat vorgeführt werden, worauf er
in Europa zu sehen war. Doch nach den Aufständen in Syrien 2011 ging Mohammed
ins Exil nach Frankreich. Die Suche nach "Nujum An-Nahar" erwies sich
einmal mehr als schwierig, aufgetrieben werden konnte er – ohne eingebrannte
Untertitel oder sonstige Schäden – schliesslich bei einem ungenannt bleibenden deutschen
Fernsehen, das in den Neunzigern eine 35mm-Kopie erstanden hatte. Auf dieser
Grundlage wurde die Restaurierung durchgeführt, unter Einbezug von Mohamed, der
auch anwesend war, um ein paar Worte über seinen Film zu sagen.
Der
nächste Film der Reihe war nach dem von Mohapatra die andere ganz grosse
Festival-Entdeckung: La Nouba des Femmes
du Mont Chenoua (Assia Djebar, Algerien, 1978). Djebars Film wurde als
"work in progress" gezeigt, wie Cenciarelli sagte: eine 4K-Fassung
auf Grundlage der vorliegenden Quellen ist eigentlich ein Witz, der Film it
über weite Strecken monochrom in Tönen zwischen Fuchsia und Magenta, das 16mm-Bild
alles andere als brillant. Seit 10 Jahren schon war eine Restaurierung geplant,
die in der Cinemathek in Algiers vorhandene 16mm-Kopie konnte nur mit viel Mühen
ausser Land gebracht werden. Eine zweite Kopie wurde im Mai aufgetrieben, einen
Monat lang vom Zoll festgehalten und bunter war diese auch nicht … ich hab das
nicht im Detail verstanden, aber es ist sehr zu hoffen, dass noch besseres
Material aufgespürt werden kann und die Restaurierung (wieder World Cinema
Project der Film Foundation und Cineteca di Bologna, in Zusammenarbeit mit dem
Algerischen Rundfunk und der Cinémathèque Algérienne) weiter gehen kann.
Dennoch ein grandioser Film, wie der von Marva Nabili eindeutig dem feministischen
Kino zuzuordnen. Durch die fünf Sätze einer "Nouba" (eine Art
Vorläufer der Symphonie aus dem arabisch-andalusischen Raum, bekannt seit dem
11. Jahrhundert) folgen wir der Protagonistin, einer aus dem Krieg zurückkehrenden
Kämpferin, die es wieder hinauszieht, weg von Kind und Mann. Sie fährt herum
und spricht mit Frauen über die Erfahrungen aus dem Krieg. Einmal ertönt der folgende
Satz, der sich eingebrannt hat: "I'm not looking for anything. I'm
listening to broken memory."
Um den Krieg
geht es auch im Film, den ich aus der Cinemalibero-Reihe als letzten sah, Al-Leil (The Night) (Mohammad Malas, Syrien,
1992), für einmal in einer regulären 35mm-Kopie (im Verleih von Trigon Film).
Ein mehrschichtiger, sehr poetischer Film, dessen Hintergrund die Tragödie von
Palästina bildet. Ein sehr persönlicher Film über die Suche nach einer anderen
Zeit und über den Verlust. " In Malas’ al-Leil, the main character is a man trying to recover the lost
memory/biography of his father, a peasant who had voluntarily joined the ranks
of rebels – as did hundreds of peasants in the region – in the 1936 Great
Revolt in Palestine. As the young man endures humiliation in his own life, his
troubles echo the hardships that his father endured after he settled in
Quneitra. The film does not aim at restoring heroism to forgotten heroes, far from
it: with humility and eloquence, it gives the tragedy of Palestine and its struggle
for liberation the face of a peasant, the figure of a man, his wife and his
son. The loss of his memory/biography is an erasure from the script of official
history – self-congratulating and triumphalist." (Rasha Salti: Insights
into Syrian Cinema, Rattapallax Press/Arte East, New York 2006)
Zu
guter letzt ergab sich wegen des erwähnten Fehlers im Programm noch die Gelegenheit,
statt des falsch programmierten neuen Dok-Films über Jacques Demy (siehe oben;
der Film dauerte erheblich länger als ursprünglich angekündigt, ich hätte auf
meinen im darauffolgenden Slot geplanten Film verzichten müssen) noch die
Chance, den fehlenden letzten Film der "Cinemalibero"-Schiene zu
sehen, Tasio (Spanien, 1984) von Montxo
Armendáriz, der seinen von der baskischen Filmothek in 4k restaurierten Film
auch selbst vorstellte. Ein stiller Film über einen Mann, der sich weigert, für
jemanden zu arbeiten und stattdessen von dem lebt, was der Berg hinter seinem
Dorf hergibt: er stellt Fallen für Hasen und Füchse, für Fische, für Wildschweine,
jagt auch einmal, stellt Holzkohle her – und verkauft das eine oder andere, was
er und seine Familie nicht selbst zum Leben benötigen. Der Spielfilm beruht auf
der Begegnung mit einem echten Anastasio, den Amendáriz bei den Dreharbeiten seines
1981er-Dokumentarfilmes " Carboneros de Navarra" über die
letzten Köhler in der Provinz Navarra kennenlernte. Dieser Mann beeindruckte
den Regisseur so sehr, dass er mit ihm durch die Wälder zog, seine Lebensweise
kennenlernte und daraus dann den beeindruckenden Spielfilm drehte, der mit
Hilfe der Bewohner*innen einiger Dörfer der Region entstand, die auch als
Statist*innen mitwirken, Kostüme und Gegenstände für den Dreh zur Verfügung
stellten.
Co-Leiter des Festivals Ehsan Khoshbakht und die beste Übersetzerin aus dem Festival-Team, deren Name ich leider nicht kenne |
4) Journeys Into Night: The World of Anatole Litvak
1902 in
Kiev als Sohn russischer Juden geboren, führt Litvaks Biographie ihn über
Moskau nach Berlin, Paris, London und Hollywood. Er wurde Zeuge von
Revolutionen und Kriegen und wie Ehsan Khoshbakht es formuliert: " his
films dealt with flawed, unstable men and women whose identity crises reflected
the upheaval of the world between the Russian Revolution and the aftermath of
the Second World War" (Programmheft). Bei fast allen seiner Filme war er
am Drehbuch beteiligt und produzierte oder co-produzierte sie auch. Raum war
ihm als die Geschichten seiner Filme, die Drehtage begannen damit, dass er auf
dem Kamerawagen sass und die jeweils anstehenden Szenen anhand der
Kamerabewegungen plante. "Camera was his god", soll Bette Davis mal
geklagt haben.
Der
früheste Film der Reihe war Nie Wieder
Liebe (Deutschland, 1931). Ein Playboy (Harry Liedtke), der von Frauen
genug hat – und von ihnen nie genug bekommen kann – beschliesst, für fünf Jahre
allen Abenteuern zu entsagen und zu dem Zweck auf seiner Jacht herumzusegeln,
ohne an Land zu gehen. Der Film beginnt im UFA-New York und endet in
Südfrankreich, wo in Nizza gefilmt wurde. Das grosse Highlight ist die Szene,
in der die ganze Besatzung des Schiffs den Titelsong zum besten gibt, dazwischen
geschnitten Aufnahmen aus dem Maschinenraum, die Matrosen in ihrer verzweifelten
Melancholie der erzwungenen Entsagung, dann ein Stepptanz der aus dem Meer
gefischten Lilian Harvey, und schon zerbricht die männliche Kameradschaft. Nicht
unproblematisch, aber sehr vergnüglich – und wirklich toll gefilmt (Kamera: Franz
Planer). Von diesem Film wurde eine Restaurierung gezeigt (Murnau-Stiftung, 2023),
die allermeisten Filme der Reihe wurden in 35mm-Kopien gezeigt.
Mein Einstieg
in die gemäss Khoshbakht vermutlich erste Litvak-Retrospektive überhaupt war The Amazing Dr. Clitterhouse (USA, 1938)
mit Edward G. Robinson in der Titelrolle. Düster und mit tollem Pacing erzählt
der Film, wie der Arzt mit den von Claire Trevor und Humphrey Bogart gespielten
Figuren eine kriminelle Gang bildet, um seine Forschungen zu kriminellen
Verhaltensmustern zu vertiefen. Bald realisiert er, dass ihm nur noch ein
Kapitel fehlt: Mord. Litvak verweigert sich Close-Ups selbst da, wo
Schlüsselsätze fallen, er erzählt seine Geschichte mittels Kamerafahrten,
Bewegung, der Inszenierung von Räumen. Dabei kommen oft ungewohnte Kamerawinkel
zum Einsatz, es entsteht eine Art kubistischer Noir, in der Robinsons übliche
Gangster-Figur gekonnt auseinandergenommen und neu zusammengesetzt wird.
Das Thema
der exilierten Zaristen im Westen kam erstmals in Tovarich (USA, 1937) auf, einer Screwball-Komödie mit Claudette
Colbert und Charles Boyer in den Hauptrollen als mittelloses Aristokraten-Paar
in Paris, das den Schatz des Zaren hütet, gejagt wird von Bolschewisten und
sich in der Not dazu gezwungen sieht, als Bedienstete einer französischen
Aristokratenfamilie anzuheuern. Schnell, charmant und wie immer toll gefilmt,
bietet "Tovarich" einige von Litvaks Lieblingsthemen (frei nach Khoshbakht
im Programmheft): Rollenspiele; die Überlegenheit der alten Welt gegenüber dem
Sozialismus; Personen, die ihre Privilegien verlieren, aber einen Platz in der
neuen Welt finden; und die – wenngleich widerwillige – Anerkennung der neuen
Verhältnisse.
Schon
zwei Jahre davor entstand in Frankreich ein Kriegsfilm, der auch ein
Dreiecks-Liebesdrama, ein Film über eine grosse Männerfreundschaft und noch
einiges mehr ist: L’Équipage (Frankreich,
1935). Toll die Materialität der Bilder in den Kriegsszenen mit Flugaufnahmen,
Gräben, Explosionen in Dunst, Staub und Nebel, ihre Körnigkeit. Den schon 1932
in Frankreich gedrehten "Coeur de lilas" verpasste ich leider wegen
einer Terminkollision ebenso wie Litvaks US-Remake von Marcel Carnés "Le
jour se lève", "The Long Night" (1947).
Der zweite
Kriegsfilm der Reihe, Decision Before
Dawn (USA, 1951), war sicherlich ein Höhepunkt. Die Amerikaner rekrutieren
unter Kriegsgefangenen Freiwillige, die hinter den Frontlinien ihre eigenen
Truppen ausspionieren sollen. Nach einer halben Stunde wechselt der Film den
Fokus von den Amerikanern zur Figur von Oskar Werner, der auf seiner Odyssee
auch auf Hildegard Knef trifft (beide in ihren ersten US-Rollen). Gefilmt wurde
ausschliesslich im zerstörten Deutschland, der zerrissene Werner irrt durch die
riesigen Ruinenlandschaften, kämpft mit seiner Loyalität zur Heimat, die den Verrat
bedeutet, wird als Figur zur ebenso versehrten Gestalt, wie es die Kulissen um
ihn herum sind. Düster, scharfzüngig, einmal mehr mit harten, körnigen Bildern –
die vom gleichen Franz Planer gefilmt wurden, der schon "Nie wieder
Liebe" mit Litvak gedreht hatte. Zwanzig Jahre und eine zerstörte Welt
liegen dazwischen.
Nach "L'Équipage" wurde
Litvak die antisemitische und xenophobe Stimmung in Europa zuviel und er brach
in die USA auf, wo er mit "The Woman I Love" erstmal ein Remake von
"L'Équipage" gedreht hat. Bevor er für mehrere Jahre pausierte, um
Filme für die Army zu drehen (u.a. gemeinsam mit Frank Capra die "Why We
Fight"-Propaganda-Reihe, darunter "The Battle of Russia", den er
persönlich vor dem russischen Generalstab vorführte und daraufhin von Stalin
ausgezeichnet wurde), entstanden in den USA u.a. noch City for Conquest (USA, 1940) und Blues in the Night (Anatole Litvak, USA, 1941). Der erste ist
zweifellos einer von Litvaks grössten Triumphen, ein Grossstadtdrama mit James
Cagney, hier atypisch besetzt, ihm war Litvaks Sophistication wohl nicht
geheuer – aber umso berührender. Cagney verliert seine Frau (Ann Sheridan) und
sein Augenlicht, während sein Bruder, der mittellose aber geniale Musiker
(Arthur Kennedy) aufsteigt. In seinem bescheidenen Kiosk hört Cagney, der
einstige Held des Madison Square Garden, wie sein Bruder in der Carnegie Hall ein
umjubeltes Konzert gibt. Cagney wird hier ähnlich dekonstruiert wie Robinson in
"Dr. Clitterhouse". Wenn der Film etwas schneller wirkt, anders geschnitten
als bei Litvak üblich, dann hängt das wohl mit einer gewissen Anpassung an den
Haus-Stil von Warner Bros. zusammen. "Blues in the Night" ist ein
Ensemblefilm über eine Gruppe von Musikern mit neuen Ideen (die sich ein wenig
nach Alfred Lion von Blue Note Records anhören: sie suchen nach dem "true
blues" – klar, dass sie alle weiss sind, auch wenn sie den Jazz neu
erfinden … nun, so war das leider im Filmbusiness damals – und verbünden sich
mit einem Gangster, der ihnen in einem Roadhouse die Gelegenheit gibt, aufzutreten
und ihre Musik zu entwickeln. Dort treibt eine femme fatale (Betty Field) ihr
Unwesen und die Kameradschaft der Musiker – zu der auch eine Sängerin (Priscilla
Lane) gehört – beginnt zu zerfallen. Die Mischung aus Musik- und Gangsterfilm
gelingt, die Mischung aus poetischem Realismus und hartem Expressionismus
ebenso. Mit ein paar Tagen Abstand ist der Film wohl nochmal ein wenig
gewachsen. Trivia: Elia Kazan spielt in diesen beiden Filmen grössere
Nebenrollen und hatte bald schon Lust, selbst Filme zu drehen. Sein "On
the Waterfront" kann durchaus als eine Art Fortschreibung von "City
for Conquest" gelesen werden – was natürlich auch für Scorseses "Raging
Bull" gilt.
Die Kriegspause dauerte bis
1947, der verpasste "The Long Night" (ein Kassenflop) war der erste
Film von danach, zwei aus dem Jahr 1948 sah ich dann wieder, beide toll. Sorry, Wrong Number (USA, 1948) ist ein
Noir mit Barbara Stanwyck in einer ihrer besten Rollen. Krank ans Bett
gefesselt ist das Telefon ihr einziger Zugang zur Aussenwelt. Zufällig überhört
sie einen Mordplan und merkt, dass sie selbst das Opfer ist. In Rückblenden
wird die Geschichte erzählt (inklusive Rückblende in der Rückblende), die
ödipale Beziehung zum übermächtigen Vater, die totale Kontrolle ihres Ehemannes
(Burt Lancaster), der zu kruden Mitteln greift, um dieser Kontrolle zu
entkommen, was schliesslich zum Mord an seiner Frau führt … die typischen
Litvak'schen Kamerafahrten führen nicht mehr durch singende und tanzende
Menschen in üppigen Räumen sondern durch dunkle leere Treppenhäuser und Gänge.
Ein enorm präziser Film, der auch selbstreferentiell wird, wenn wir uns der
Lust des Schauens ergeben, Dinge sehen, die die Protagonistin (noch) nicht
sehen kann. Das Thema der Frau am Rand des Nervenzusammenbruchs ist eines, das
sich bei Litvak durchs Werk zieht. Auch in The
Snake Pit (USA, 1948) bildet es das zentrale Motiv. Der Film thematisiert die
fürchterlichen Zustände der Psychiatrie jener Zeit – Anklänge an Gefängnisse
und Lager sind kein Zufall (im UK war die Empörung so gross, dass der Film um
12 Minuten gekürzt wurde). Litvak hatte auch während des Krieges schon Filme
über Soldaten, die unter PTSD litten, gedreht und hatte zudem den Plan, einen
Film über Freud zu drehen. Die Protagonistin (Olivia de Havilland) wird wandelt
durch eine Kulisse aus ins Schloss fallenden, versperrten Türen, klackernder Gitter,
tickenden Uhren und hohläugiger, bösartigen Pflegerinnen, gleichgültiger Ärzte
und dutzenden ins Leere starrenden Statistinnen. Ein engagierter junger Arzt nimmt
sich ihrer an, greift zu Mitteln der Psychoanalyse, um sie zu heilen (Freud
blickt von der Wand seines Büros), was mit mehreren Rückschlägen allmählich
gelingt. Grosses Drama, grossartiger Film.
The Deep Blue Sea (UK, 1955)
wurde in England gedreht – und ist um vieles berührender als das Remake von
Terence Davies. Vivien Leigh ist hier die Frau am Rande des
Nervenzusammenbruchs, die die Rolle nach Marlene Dietrichs Absage erhielt. Im
Cinemascope-Format (und ein wenig ausgebleichter 35mm-Kopie) inszeniert Litvak das
recht statische Kammerdrama oft mit Vertikalen Bildteilern wie Türen und
Türrahmen. Zu den die Handlung unterbrechenden Rückblenden mit Aussenaufnahmen
gehören u.a. Skifahrszenen in Klosters, bei denen pausenlos gejodelt wird – ein
absurd-köstliches Vergnügen. Das Drama einer Frau, die um etwas kämpft, das sie
nicht gewinnen kann – weil es etwas anderes ist, als das, wofür sie es hält –
was ihr und dem Zuschauer Szene für Szene klarer wird. Ein Film über
verblassende Liebe, über versiegende Hoffnung. Gross.
Der
letzte Film aus der Reihe ist dann der zweite mit den Zaristen, wieder eine US-Produktion,
die aber vor allem im Studio in England sowie on location in Paris, Nizza und
Kopenhagen gedreht wurde: Anastasia (USA,
1956). Auch hier Cinemascope und Technicolor (auch etwas weniger Blautöne übrig
als gewünscht). Ingrid Bergmann verkörpert Anastasia, spielt die vermeintliche
letzte Überlebende der Zarenfamilie, gecoacht von Yul Brynner als windigem
General Bounine, der auf das Vermögen des Zaren bei der Bank of England schielt
und bald nicht mehr weiss, ob er es nicht mit der tatsächlichen Grossherzogin
zu tun hat. Einmal mehr inszeniert Litvak meisterlich Räume, ist an ihnen mehr
interessiert denn an seinen Protagonistinnen und ihrer Geschichte. Die
aufgeführte Charade wird zunehmend von den Betroffenen selbst für wahr genommen
– doch am Schluss, als die Kaiserwitwe das Ende verkündet, haben Anastasia und Bounine
das Bild längst verlassen. Wie in einer der prägendsten Szenen davor schon – einem
Dialog, bei dem wir nur die leere Halle mit den geöffneten Türen zu ihren Räume
zu beiden Seiten sehen – bleiben wir mit dem leeren Raum allein, und mit
unserer eigenen Leere.
5) Undercurrents of Modernity: The Cinema of
Kozaburo Yoshimura
Die
Yoshimura-Reihe wurde wie letztes Jahr die Teinosuke Kinugasa gewidmete von Alexander
Jacoby und Johan Nordström kuratiert. Bis auf einen der wohl besten Filme,
"Chijo" (Japan, 1957), habe ich sie vollständig gesehen und bin sehr
angetan. Der Fokus lag auf Filmen der Jahre 1951 bis 1960, in denen Yoshimura
eine Reihe unterschiedlicher, unabhängiger und starker Frauen im Nachkriegs-Kyoto
portraitiert hat – die Stadt war im Krieg mehr oder weniger unversehrt
geblieben und ist in den Filmen noch grossteils im Zustand vor der Modernisierung
der Nachkriegszeit zu sehen. Sozialer und politischer Wandel in einer sich rasant
modernisierenden Gesellschaft bilden den Hintergrund der meisten Geschichten. Dabei
versucht Yoshimura sich weniger an einer Sozialkritik als dass er das Augenmerk
auf die menschliche Dimension legt, auf das Denken und Handeln seiner Protagonistinnen.
Den vielleicht schönsten der Filme, "Yoru no kawa" ("Undercurrent"
oder "Night River"), gab es in einer neuen 4K-Restaurierung, alle
anderen als 35mm-Kopien.
Mein
Einstieg war einer der schönsten dieser Filme: Nishijin no Shimai (The Sisters of Nishijin) (Japan, 1952), in dem
die Geschichte dreier Schwestern und ihrer sterbenden Mutter erzählt wird, wie
sie ums Überleben kämpfen, nachdem der verschuldete Vater sich das Leben genommen
hat. Die Familie ist im traditionellen Textilgeschäft tätig und besitzt eine
Weberei, die sie mit aller Kraft – letzten Endes vergeblich – zu erhalten
versucht. Ein exzellentes Ensemble, perfektes Pacing und die wunderbaren Bilder
machen diesen Film zu einem beeindruckenden Meistwerk. An der Kamera Kazuo
Miyagawa, der zwei Jahre zuvor "Rashomon" und ein Jahr später
"Ugetsu monogatari" gefilmt hat.
Der
früheste Film der Reihe war Itsuwareru
Seisou (Clothes of Deception) (Japan, 1951), ein Drama um zwei Schwestern,
von denen die eine als Geisha, die andere als unbedeutende
Verwaltungsangestellte tätig ist, erstere gespielt von Machiko Kyo, die im Jahr
davor schon in "Rashomon" glänzte und auch hier hervorragend ist. Der
Film wurde gelobt dafür, wie er die Stimmung in Gion, einem Teil Kyotos,
eingefangen habe, und auch schon mal als Nachkriegs-Update von Mizoguchis
" Gion
no kyodai" (Sisters of the Gion, 1936) betrachtet. Doch Yoshimura hat
seine eigene Filmsprache entwickelt, in der zarte Momente mit schnellem Schnitt
und immer wieder überraschenden Kamera-Winkeln wechseln.
Der
erste Farbfilm der Reihe war Yoru no
kawa (Undercurrent) (Japan, 1956), das erwähnte Highlight, das in frischer 4K-Restaurierung
gezeigt wurde. Hier ist die Kameraarbeit von Kazuo Miyagawa wahrlich grossartig.
Sumie Tanaka schrieb auf das Skript und bringt als Frau vermutlich noch mehr Verständnis
für die Rolle der neuen Frau im Nachkriegs-Kyoto auf, wie Fujiko Yamamoto sie
vibrierend intensiv verkörpert. Als Designerin von Kimonos bleibt sie eigenständig,
wehrt Avancen von unterschiedlicher Seite ab, beginnt eine Affäre mit einem verheiraten
Wissenschaftler – und lehnt am Ende, nach dem Tod seiner Frau, dessen
Heiratsantrag ab. Wichtiger als der Plot ist die Bildsprache, der Einsatz von
Farbe (dabei war Yoshimura farbenblind lese ich gerade!), der Kamera, des Tons,
der ganzen Mise-en-scène. Fast jedes Bild aus diesem Film würde ich an die Wand
hängen.
Am Skript
von Osaka Monogatari (An Osaka Story)
(Japan, 1957) hat Kenji Mizoguchi anscheinend noch auf dem Sterbebett gearbeitet.
Yoshimura übernahm das Projekt für den Film, der in seinen Händen zu einer härteren,
zynischeren Kritik am Kapitalismus wird, wie sie im Nachkriegsjapan zweifellos
auf Resonanz stiess, obwohl der Film in der Edo-Zeit (1603–1868) angesiedelt
ist. Eine verarmte Familie baut auf der Grundlage von Bestechung, Geiz, verschlagenem
Geschäftssinn und grosser Lust am Betrug ein Imperium auf, angesiedelt wie der
Titel schon sagt in Osaka, der Handelshauptstadt des Landes. Ganjiro Nakamura,
ein ehemaliger Kabuki-Darsteller, der sich geschickt eine zweite Karriere als
Filmschauspieler aufbaute, glänzt in der Hauptrolle.
An
dieser Stelle habe ich leider wie erwähnt "Chijo" verpasst, es folgte
Yoru No Sugao (The Naked Face of Night)
(Japan, 1958) über zwei Tänzerinnen, die zunächst in einem Verhältnis von
Lehrerin und Schülerin stehen, aus dem ein brutaler Konkurrenzkampf entwächst. Machiko
Kyo und Ayako Wakao spielen die Hauptrollen, Wakao verkörpert jetzt die junge,
aufmüpfige Figur, die sich mit den Traditionen anlegt. Den Film fand ich eher
als Charakterstudie denn vom Milieu her interessant – und das deckt sich mit
der Haltung von Kaneto Shindo, der hier wie bei vier weiteren Filmen aus der Festival-Auswahl
das Drehbuch schrieb: "What I’m interested in are money, power, bluffing, lewdness,
and naked human statues that dance with excitement" (aus dem
Programmheft). Der Film bietet auch einen Kriegsfilm-Einstieg in monochromen
Bildern, einen starken Soundtrack, stilistische Mittel wie den Einsatz von
Split-Screens – aber so ganz überzeugend fand ich ihn nicht.
Wieder
besser gefiel mir der letzte Film der Auswahl, Onna no saka (A Woman’s Uphill Slope) (Japan, 1960). Die Heldin des
Films, Akie (Mariko Okada), kommt als junge Frau nach Kyoto, wo sie einen Laden
erbt, in dem traditionelle Süssigkeiten hergestellt werden. Wie sie das alles
umkrempelt, neue Ideen einbringt und dabei trotz Widerstände traditioneller
Kräfte Erfolg hat, wird leichtfüssig und zart erzählt. Das Aufeinandertreffen
von Tradition und Moderne wird nicht nur im Innenraum sichtbar, wenn die Protagonistin
im knallroten Pullover und eng geschnittener Hose durch die traditionellen
Werkstatträume federt, sondern auch im Aussenraum, dem von Yoshio Miyajima in erneut
perfekter Farbgestaltung eingefangenen Kyoto, in dem inzwischen die Zeichen der
Moderne – Betonbauten, Leuchtreklamen – zu sehen sind. Eine Art Fortschreibung
von "Yoru no kawa", und für mein Empfinden genau so gut.
Blick ins frisch renovierte Cinema Modernissimo, das seit diesem Jahr ebenfalls zu den Festival-Locations gehört. |
6) Gustaf Molander – The Actresses’ Director
Ich
hatte die Schwerpunkte gesetzt, ohne Litvak und Yoshimura zu kennen – und erst
recht nicht die Regisseur*innen und Filme der Cinemalibero-Reihe. Die
Molander-Reihe umfasste nur acht Filme, sein Werk wird von Jon Wengström, der die
Reihe kuratierte, als umfangreich und vielfältig bezeichnet – und es wird
eingestanden, dass es auch mal auf und ab ging. Drei Filme habe ich sehen
können, leider nicht "En kvinnas ansikte" (Schweden, 1938) und "Kvinna
utan ansikte" (Schweden, 1947), einen der sechs Filme, die Molander mit der
jungen Ingrid Bergman machte, deren Karriere er mit seinen Filmen in Schwung
brachte.
Gesehen
habe ich zwei halbe Stummfilme und ein Teenager-Drama aus den frühen
Fünfzigern, alle durchaus sehenswert. En
natt (One Night) (Schweden, 1931) ist der eine halbe Stummfilm, ein früher
Tonfilm, der aber ohne Dialoge fast so gut verständlich gewesen wäre – und dadurch
vermutlich gewonnen hätte, so hölzern wie die Dialoge oft gespielt und
gesprochen werden. Eine Aristokratenfamilie nah der finnisch-russischen Grenze
wird durch die Revolution im östlichen Nachbarland zerrissen, der eine Sohn
lebt mit einer Russin zusammen und kämpft auf der Gegenseite, während der
andere das eigene Land verteidigt. Ein Familiendrama, ein Brüderdrama, ein
Liebesdrama, rasant geschnitten und mit überraschenden Kameraeinstellungen (vom
sowjetischen Kino geprägt) – irgendwie toll und dann auch wieder fürchterlich
klischiert, wie am Ende die Ehre über die Liebe obsiegen muss.
Der
andere halbe Stummfilm war einst ein ganzer, ist aber zu weiten Teilen
verloren: Till Österland (To the Orient)
(Schweden, 1926) ist nur zu ca. einem Viertel überliefert, die erhaltenen Szenen
stammen allerdings von fünf der insgesamt einst sieben "reels". Die
aktuelle Rekonstruktion dauert 42 Minuten, eine Szene wurde im Kurzfilm "
Selma
Lagerlöf 80 år" (1938) gefunden, die Zwischentitel stammen von den
Originalen, es wurden wo vorhanden Stills und weitere erklärende Zwischentitel
eingefügt, um die ganze Handlung verständlich zu machen. Neil Brand begleitete
den Film am Klavier, der allein deshalb sehenswert ist, weil er teilweise in
Jerusalem und Jaffa gefilmt wurde und so ein paar Einblicke in vergangene
Zeiten gestattet. Der Plot: Schwedische Aussiedler, die ins heilige Land
reisen, sich dort niederlassen und alles von Heimweh bis zu religiöser Ekstase
(oder: Verblendung) erleben, bis der Protagonist wieder in die Heimat reist, um
Abbitte zu tun – christlich, allzu christlich, aber dennoch faszinierend.
Zwischen den zwei frühen Filmen sah ich auch noch Trots (Defiance) (Schweden, 1952), und den fand ich nun wirklich gut. Ein grüblerischer Student kämpf mit seinen Abschlussprüfungen, treibt sich herum, lernt ein Mädchen kennen (Harriet Andersson in ihrer ersten Hauptrolle, ein Jahr bevor sie in "Sommaren med Monika" von Ingmar Bergman eine ähnliche Figur weiterentwickelte). Der Vater des Studenten ist Lehrer und kämpft mit eigenen Problemen, das Mädchen wird schwanger, treibt ab, alles droht zusammenzubrechen und geht doch weiter. Andersson wirkt frisch, verletzlich und doch unabhängig, eigenständig. Ein dunkler, nachdenklicher Film, der dennoch dank seiner Filmsprache und dem guten Ensemble auch recht leicht wirkt, obwohl er schwere Themen anspricht.
Damien Chazelle bei der Einführung zu seinem Film "Babylon" - neben ihm wieder die Übersetzerin sowie der Leiter der Cineteca und Co-Leiter des Festivals Gian Luca Farinelli |
7) Klassiker, Vintage Prints und viel Musik
Aus der Reihe zu Delphine
Seyrig sah ich nur einen Film, Golden
Eighties (Belgien/Frankreich/Schweiz, 1986) von Chantal Akerman, ein
vollkommen durchgestyltes, choreographiertes Musical, das bis auf die
Schlussszene in einer kleinen Ecke einer Shopping Mall spielt (Toison d'Or in
Brüssel). Die Schlussszene unter freiem Himmel wirkt danach ein wenig wie eine
Befreiung, auch wenn sie eher ein Trost ist für das Glück, das nicht festgehalten
werden kann. Seyrig tritt in Dauerwelle als Modeboutique-Besitzerin (und wie
man erfährt KZ-Überlebende) mit Dauerwelle, langweiligem Ehe- und eher ekligem
Sohnemann auf, der wiederum eine Affäre mit der Chefin des gegenüberliegenden
Coiffeursalons hat, die aber vom Besitzer ihres Salons ausgehalten wird … der
Look des Films mit Choreographie, Kostümen, Farben, dass auch manches an alltäglichem
Dialog in Gesang gesetzt wird, erinnert stark an Jacques Demy, der mit "Les
Parapluies de Cherbourg" quasi Headliner der diesjährigen Festival-Ausgabe
war (dasselbe Motiv findet sich auf dem Poster, dem Programmheft und der
Stofftasche, die es zum Festivalpass dazu gibt). Ein Amerikaner taucht in der
Shopping Mall auf, will sich im Damensalon rasieren lassen – und erkennt dann
in der Besitzerin der Boutique gegenüber seine grosse Liebe, mit der er Jahre
zuvor einige Zeit verbracht hatte, bis sie spurlos verschwunden ist. Seyrig
lässt sich – man verabredet ein Rendez-vous – umstylen, wird quasi kurz ohne
Dauerwelle zu sich selbst, was ihr aber nicht passt und so läuft sich für den
Rest des Films wieder im 80er-Look herum. Eine sehr, sehr schöne Überraschung!
Demys
Film gab es dann auf der Piazza in neuer Restaurierung zu sehen: Les Parapluies de Cherbourg (Frankreich,
1964). Damien Chazelle sagte ein paar Worte zur Einführung, wobei er die Radikalität
von Demys Film betonte und wie diesem die Verbindung aller Künste gelungen sei.
Zum Film braucht man echt nichts sagen, oder? Zweifellos einer der besten Filme
aller Zeiten und ihn auf der Piazza mit ein paar Tausend anderen zu sehen, auf
der riesigen Leinwand mit hervorragender Sound-Anlage, war einfach nur toll.
In
Sachen Vorträge zu Restaurierungen usw. habe ich dieses Jahr nur einen besucht,
nämlich den zu den Case Study: Restoring
Jacques Demy's "Les Parapluies de Cherbourg". Rosalie Varda war da (sie ist das Mädchen in der Schlussszene des
Filmes, der Junge ist der Sohn von Michel Legrand), im Gegensatz zum ebenfalls
angekündigten Matthieu Demy, gesprochen hat aber grösstenteils Léon Rousseau,
der die Tonspur der neuen Version eingerichtet hat. Originalnegative existierten
nicht mehr, die Suche nach den besten Tonquellen waren also etwas schwierig
(der Film wurde 2011 bereits restauriert und am Bild wurde, wie ich es
verstanden habe, für die 2024er-Version nichts verändert). Gefunden wurden eine
separate Spur mit allen Geräuschen ausser der Musik und die Musik allein, zunächst
in Stereo – seltsam genug, weil der Film nur Mono benötigte). Die Suche ging
weiter, man liess sich am Ende alles, was die Universal Music-Archive hergaben,
digitalisieren – ohne zu wissen, was dabei genau herauskommen würde. Auf den
Bändern wurden nun die vollständigen Sessions von Band und Orchester gefunden,
mit allen Takes, grad so, wie sie unter Michel Legrands Leitung eingespielt
wurden – die Aufnahme wurde wie damals üblich mit drei Mikrophonen gemacht, es
wurde aber auch ein vollständiger 3-Spur-Mix gefunden, bei dem der Gesang dabei
war, alle Übergänge synchron zum Bild passten usw. Warum es diese Version gibt,
ist nicht klar – Rousseau meinte, vielleicht weil einst eine 70mm-Version des
Filmes geplant gewesen sei? Auch über die ebenfalls vorhandenen englischen
Tonaufnahmen wisse man bisher nichts, ergänzte Varda. Jedenfalls hat Rousseau
eine neue Tonspur eingerichtet mit der 3-Spur-Mix, der separaten Geräuschspur (woher
er den Gesang nahm, hab ich nicht mitgekriegt, das war am Ende alles recht
technisch), wobei die Mono-Version für die Austarierung (Verhältnis von
Stimmen, Musik und Geräuschen) verwendet worden sei. Das Resultat, so Rousseau:
er sei "super content … ça va être hyper-bon" – und so war es auch!
Der
letzte Festivaltag begann mit einem Wiedersehen von Singin' in the Rain (Stanley Donen/Gene Kelly, USA, 1952) – auch das
ein Film, der keiner Worte bedarf. Vor zwei Jahren hatte ich in Bologna schon die
neue digitale Restaurierung gesehen, dieses Mal gab es einen Vintage Print von
damals, eine 35mm-Kopie in schönstem Technicolor. Dass am anderen Ende
desselben Tages, nach einem weiteren Klassiker und "Al-Leil" (siehe
oben) Babylon von Damien Chazelle (USA,
2022) stand, passte dann mehr als gut. Auf der riesigen Leinwand auf der Piazza
und mit richtig fettem Sound kam der Film vermutlich besser als in fast jedem
anderen Rahmen. Margot Robbie ist eine Wucht, ansonsten ist das irrer Ritt, der
aber auch ziemlich oberflächlich und unterkühlt bleibt.
Auch
einen Vintage-Print – in diesem Fall einen Technicolor Dye Transfer Print, der dazu
verwendet wurde, bei neuen Abzügen die Farben korrekt einzustellen – gab es von
John Boormans Deliverance (USA, 1972).
Im dafür geeigneten Saal mit sehr grosser Leinwand kam der Film ziemlich gut,
die desaturierten Bilder, in denen besonders die Grüntöne nachträglich gedämpft
wurden, der karge Soundtrack – alles sehr effektiv.
Im
selben Saal gab es auch noch ein Wiedersehen mit Tokyo Nagaremono (Tokyo Drifter) (Japan, 1966) von Seijun Suzuki –
auch das ein sehr tolles Wiedersehen in hervorragender Qualiät
(4K-Restaurierung ab Originalnegativ von 2023). Drei weitere Filme sah ich auf
der Piazza im Open Air-Kino wieder, The
Searchers (USA, 1956) von John Ford am Eröffnungsabend, leider seitlich
neben dem bestuhlten Bereich – alles andere als optimal, auch weil der Ton
neben der Leinwand sehr viel schlechter war, aber dennoch ein grosses Vergnügen.
An den drei Tagen nach Ende des Festivals bin ich noch zweimal zum Open Air
(das andere Mal zu einem klassischen Konzert), es gab noch ein sehr tolles
Wiedersehen mit dem Zweitling von François Truffaut, Tirez sur le pianiste (Frankreich, 1960) in neuer 4K-Retaurierung –
eine echte Überraschung! Ich hatte den Film sehr lange nicht mehr gesehen und nicht
annähernd so toll in Erinnerung. So nah kam Truffaut der nouvelle vague wohl
nie. Und die scheue, grüblerische, unsichere Figur von Aznavour, deren Gedanken
immer wieder aus dem Off zu hören sind, ist wirklich speziell – Verletzlichkeit
ist Menschlichkeit und sie ist Stärke (frei nach einem kleinen Gedicht, das
Cecilia Cenciarelli zu Beginn des Festivals verlas). Die Musik von Georges
Delerue ist super, etwas Name-Dropping von Aznavour gibt es auch mal noch (Earl
Hines, Erroll Garner … ich dachte beim Klavierspiel auf der Tonspur allerdings
eher an Bernard Peiffer – wer die Tracks eingespielt hat, fand ich leider nicht
heraus). Dann gab es am letzten Abend noch ein Wiedersehen mit Mean Streets (USA, 1973), dem Zweitling
von Martin Scorsese (auch da eine 4K-Version, 2023 von Criterion ab dem originalen
35mm-Kameranegativ und den Originalbändern erstellt) – ein starker Abschluss.
Ein
paar Klassiker des frühen Tonkinos, die ich noch nicht kannte, gab es im Lauf
des Festivals auch noch: Man Trouble
(USA, 1930) von Berthold Viertel war der erste, frisch vom UCLA Film &
Television Archive restauriert. Noch ein Film, in dem die Musik eine grosse
Rolle spielte. Die Weihnachts-romcom ist auch eine Mischung aus Musikfilm und
Gangster-Noir und damit recht nah bei "Blues in the Night" von
Litvak, ohne dessen Jazz-Insiderwissen, aber mit derselben Dialektik aus warmer
Menschlichkeit und krimineller Härte. Der Film war seit dem Brand im Fox-Archiv
1937 praktisch verschwunden, da er nur als 35mm "nitrate workprint"
überlebt hatte. Auch Freaks (USA, 1932)
von Tod Browning kannte ich bisher noch nicht. Der sehr berührende Film wurde 2023
von Criterion restauriert ("from a 35mm nitrate dupe negative and the original
optical audio track"). Im Modernissimo gab es dann noch eine leider schlecht
besuchte (wohl, weil der Vorverkauf erst kurz davor möglich war, aber auch weil
parallel auf der Piazza Kurosawas "Die Sieben Samurai" lief, auch in
einer neuen 4K-Version) Spätvorstellung von Pépé le Moko (Frankreich, 1937) von Julien Duvivier mit Jean
Gabin. Auch das eine wunderbare Mischung aus poetischem Realismus und hartem
Noir. Die (Studio-)Casbah wird dabei mit unzähligen ungewöhnlichen Aufnahmen so
kunstvoll inszeniert, dass sie zur zweiten Hauptfigur des Filmes wird.
Zu
guter letzt gab es noch den Auftakt in meinen sommerlichen Heimkino-Plan: die
Filme von Luca Guadagnino schauen nämlich. The
Protagonists (Italien, 1999) ist sein eigenwilliges Debut, der mit einem
Auftritt von Jhelisa auch als eine Art Musikfilm beginnt – und dann in andere Richtungen
geht. Eine Filmcrew rekonstruiert in London ein unverständliches Verbrechen,
einen "random murder" aus dem Jahr 1994, spricht dabei mit Zeitzeugen
(der Witwe des Opfers, den ermittelnden Polizisten) und stellt mit
Schauspieler*innen Szenen nach, deren Filmen gefilmt wird … ein Vexierspiel,
das von den Bildern lebt, auf die es sich auch stark verlässt, obwohl Tilda
Swinton als Erzählerin durch den Film führt, während sie im Film im Film als Darstellerin
des – männlichen – Mordopfers auch selbst mitspielt. Irgendwie unrund und doch
sehr interessant.
P. S.: Vor einigen der Litvak-Filme wurden Shorts mit dem Duke Ellington Orchestra gezeigt: "A Bundle of Blues" (Fred Waller, USA, 1933), "Date with Duke" (George Pal, USA, 1947), "Solitude" (Duke Goldstone, USA, 1952) und "Sophisticated Lady" (Duke Goldstone, USA, 1952), zudem "Daybreak Express" (USA, 1953), D.A. Pennebakers rasant geschnittene Hommage an New York und die "El" zu einem Ellington-Stück. Ein ganzes Ellington-Programm, bei weitere Shorts und Dudley Murphys "Black and Tan" (18', USA, 1929) gezeigt wurden, schaffte ich leider nicht.
Cinema Lumière, Bologna (Fotos von Josef von Sternberg "Morocco" und Wim Wenders' "Paris, Texas") |
8) Coda: One More Day of Dietrich
Kurz
vor Festivalende kam ein E-Mail: am Montag, dem Tag, an dem in Bologna wirklich
nichts los ist (alle Sehenswürdigkeiten geschlossen usw.) gebe es noch einen Dietrich-Tag.
Fünf Filme aus dem Festivalprogramm wurden wiederholt in einem Saal des Cinema
Lumière (dem Hauptspielort der Cineteca, deren eigentliches Gebäude am anderen
Ende eines Parks liegt und als Location beim Festival keine Rolle spielt, in
der neben zwei Sälen auch ein Vorlesungsraum, eine Bibliothek usw. untergebracht
sind). Das war höchst willkommen, denn einerseits hatte ich – abgesehen von einem
Konzert am Abend – für den Tag keine Pläne und andererseits die Dietrich-Reihe
ausgelassen, mit der Überlegung, dass ich die Filme bestimmt bei anderer
Gelegenheit sehen könne. Die ersten drei besuchte ich also, den fünften
("Destry Rides Again", George Marshall, USA, 1939) muss ich wegen des
Konzerts eh verzichten, der vierte war "A Foreign Affair" (Billy
Wilder, USA, 1948), den ich bereits kannte, also ging ich in die ersten drei,
von denen ich den mittleren schon kannte – alle von Josef von Sternberg.
Den
Auftakt machte Der blaue Engel (Deutschland,
1930), den ich tatsächlich noch nie gesehen hatte. Den frühen Zeitpunkt merkt
man dem Film öfter mal an, manches wirkt recht steif, Joseph Jannings
Darstellung des Prof. Unrat gelingt zwar das Kunststück, die Balance zwischen Tragik
und Komik stets zu wahren, aber seine Mimik hätte auch ausgereicht, um seinen
Part ohne gesprochenen Text verständlich zu machen. Der Lernfortschritt war
rasant – oder die Produktionsbedingungen in Hollywood besser als in den
UFA-Studios? – denn schon in Morocco
(USA, 1930), noch aus demselben Jahr, sind wir definitiv im Tonfilm-Zeitalter
angekommen. Die Dreiecksgeschichte um Dietrich, einen reichen Verehrer (Adolphe
Menjou) und einen mittellosen Fremdenlegionär (Gary Cooper) lebt von seiner
Optik (hinter der Kamera: Lee Garmes) ebenso wie von Dietrichs Präsenz. Sie
glänzt nicht nur in der früh im Film platzierten Szene, in der sie in Frack und
Zylinder bei einem Auftritt vor einer Frau stehenbleibt, sie unterm Kinn anfasst
und auf den Mund küsst. Den schönsten der drei Filme fand ich aber den dazwischen
vorgeführten und schon bekannten Shanghai
Express (USA, 1932) – was für ein Fest an visueller Opulenz! Kostüme
(Travis Banton), Sets (Hans Dreier), Kamera (Lee Garmes) – alles irre schön.
Über Yellowfacing (Warner Oland, schwedisch-amerikanischer Herkunft, der
immerhin tatsächlich etwas "Asiatisches" hat – ob das an mongolischen
Wurzeln, wie er behauptete, oder Sami-Herkunft, wie eine andere Theorie
vermutet, liegt) und eine nicht unproblematische Verquickung von Exotik und
Erotik mag das nicht hinwegtäuschen. Dennoch ein grossartiger Film.
In der
Dietrich-Reihe liefen sonst noch der Stummfilm "Die Frau, nach der man
sich sehnt" (Kurt Bernhardt, Deutschland, 1929), Sternbergs "Blonde
Venus" (USA; 1932), den ich leider noch nicht kenne (ebensowenig wie die
drei anderen in den USA entstandenen gemeinsamen Filme, "The Scarlett
Empress", "Dishonored" und "The Devil Is a Woman"), Wilders
"Witness for the Prosecution" (USA, 1957), Welles' "Touch of
Evil" (USA; 1958) und eine 34minütige Auswahl an Home-Movies (Cine-Kodak
16mm von 1931, Aufnahmen von Dietrichs Tochter Maria, Aufnahmen von Ferienreisen
im Europa der Dreissiger und Aufnahmen auf Film-Sets ("Knight Without
Armor" und "Destry Rides Again", " Seven Sinners"
und einen Besuch bei Mae West, als diese "My Little Chickadee" filmte)
– leider habe ich das nicht auch geschafft … die individuelle Programm-Gestaltung
ist bei dem unglaublichen Angebot echt eine Herausforderung!
* * * * *
9) Liste der Filme
Il cinema ritrovato, XVIII edizione (22–30 giugno)
*) mit Einführung
21. Juni
Onde está Pessoa? (Leonor Areal)*
22. Juni
Apertura del Festival: Una visita al Caffè Pathé – Selezione di corti: "Première sortie d'un collégien" (Louis Gasnier, 1905); "Les Chiens policiers" (Lucien Nonguet, 1907), "Le Cake-Walk force" (1907), "La Tournée des Grands Ducs" (Léonce Perret, 1910), "Jobard est demandé en marriage" (Émile Cohl, 1911), "La Course des garçons de café" (1949, 1') (Daniele Furlati, p)*
The Amazing Dr. Clitterhouse (Anatole Litvak)*
Bona (Lino Brocka)*
En natt (Gustaf Molander)*
The Searchers (John Ford)* [introduction by Wim Wenders & Alexander Payne]
23. Juni
L’Équipage (Anatole Litvak)
Khak-e Sar Bé Mohr (The Sealed Soil) (Marva Nabili)*
Nie Wieder Liebe (Anatole Litvak)*
Nishijin no Shimai (The Sisters of Nishijin) (Kozaburo Yoshimura)
Deliverance (John Boorman)*
24. Juni
Trots (Gustaf Molander)
Tovarich (Anatole Litvak)
Festa: A Trilogy by Sarah Maldoror: Fogo, l’île de Feu; Cap-Vert, un Carnaval dans le Sahel; A Bissau, le Carnaval (Sarah Maldoror)*
Decision Before Dawn (Anatole Litvak)
Yoru no kawa (Undercurrent) (Kozaburo Yoshimura)
Chemi Bebia (My Grandmother) (Kote Mikaberidze) (music by Cleaning Women)*
25. Juni
Golden Eighties (Chantal Akerman)
City for Conquest (Anatole Litvak)*
Entezar (Waiting) (Amir Naderi)*
Camp de Thiaroye (Ousmane Sembène/Thierno Faty Sow)*
Osaka Monogatari (An Osaka Story) (Kozaburo Yoshimura)*
Man Trouble (Berthold Viertel)*
26. Juni
Vražda ing. Čerta (Murdering the Devil) (Ester Krumbachová)
The Snake Pit (Anatole Litvak)
The Past Is a Ghost Town: Place ("Antigua", UK 1918; "Venezuela", UK 1918; "Viaggio Napoli-Mogadiscio, Km 8000 circa", IT ca. 1928) (Daniele Furlati, p)*
Chikli-Kurzfilme (Albert Samama Chikli, 1904–1924) ("Pêche de thon de Sidi Daoud" (1905), "Pêche au thon Sidi Daoud" (1906), "Industrie agricole arabe" (1911), "Industrie des éponges" (1912), Albert Samama Chikli fragments et inédits (1905–1920), "Aïn-el-Ghezal. La Fille de Carthage" (1923–1924, reconstructed 2024) (Stephen Horne, p/fl/acc; Frank Bockius, d)*
Till Österland (Gustaf Molander) (Neil Brand, p)*
27. Juni
Māyā Miriga (Nirad Mohapatra)*
Nujum An-Nahar (Stars in Broad Daylight) (Ossama Mohammed)* [introduction by Mohammed]
The Protagonists (Luca Guadagnino)*
Itsuwareru Seisou (Clothes of Deception) (Kozaburo Yoshimura)*
Freaks (Tod Browning)
June 28
Mayday (May First Media [Josh Morton/Nick Doob]) / The Bus (Haskell Wexler)
The Deep Blue Sea (Anatole Litvak)
La Nouba des Femmes du Mont Chenoua (Assia Djebar)*
Blues in the Night (Anatole Litvak)
Onna no saka (A Woman’s Uphill Slope) (Kozaburo Yoshimura)
Pépé le Moko (Julien Duvivier)
June 29
Case Study: Restoring Jacques Demy's "Les Parapluies de Cherbourg" (Rosalie Varda, Léon Rousseau)
Anastasia (Anatole Litvak)
Tasio (Montxo Armendáriz)* [introduction by Armendáriz]
Sorry, Wrong Number (Anatole Litvak)
Yoru No Sugao (The Naked Face of Night) (Kozaburo Yoshimura)
Les Parapluies de Cherbourg (Jacques Demy)* [introduction by Rosalie Varda & Damien Chazelle]
30. Juni
Singin' in the Rain (Stanley Donen/Gene Kelly)*
Tokyo Nagaremono (Tokyo Drifter) (Seijun Suzuki)
Al-Leil (The Night) (Mohammad Malas)
Babylon (Damien Chazelle)* [introduction by Damien Chazelle]
1. Juli
Der blaue Engel (Josef von Sternberg)
Shanghai Express (Josef von Sternberg)
Morocco (Josef von Sternberg)
2. Juli
Tirez sur le pianiste (François Truffaut)
3. Juli
Mean Streets (Martin Scorsese)
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(Text und Fotos: Flurin Casura)