Vinny Golia Trio – Istituto Civico Musicale Brera, Novara, 4. Februar 2017

Den Abschluss des Urlaubs machte dann das Trio von Vinny Golia mit Bernard Santacruz und Cristiano Calcagnile – eigentlich war ja eine Tour von Bobby Bradford und Vinny Golia geplant gewesen, doch Bradford fiel aus. Wie ich am Abend hörte wegen eines Sturzes, doch es hiess die Prognosen seien gut. Es besteht also Hoffnung, dass ich Bradford dereinst doch noch ein zweites Mal im Konzert erleben kann [Bradford scheint sich gut erholt zu haben, über weitere Pläne, ihn nach Europa zu bringen, ist mir jedoch nichts bekannt] – das bisher einzige Konzerterlebnis (mit dem Circulasione Totale Orchestra von Frode Gjerstad) war unglaublich faszinierend.

Auf dem Weg ins Konservatorium, wo das Konzert stattfand, ging es zunächst ins Convivium, wo es ein letztes exzellentes Mal gab, aufgrund des Zeitplans etwas abgekürzt, aber das war vielleicht das beste Risotto (mit Gamberi und Kastanien) aller Zeiten, immerhin, nachdem es schon eine exzellente Baccalà-Vorspeise gegeben hatte.


Golia begann am Piccolo, wechselte dann zu den anderen Instrumenten, die ich nicht wirklich identifizieren kann – die andere Holzflöte hielt er stets schief wie auf dem Photo, daneben spielte er Sopranino- und Sopransaxophon. Das Set entwickelte sich kontinuierlich und ohne Unterbrüche aus dem dichten und aufmerksamen Zusammenspiel des Trios. Calcagnile gefiel mir sehr gut, er mochte manchmal etwas konventionell swingen, doch gaben seine Akzente immer wieder Richtungsänderungen vor, er zersetzte bald selbst den Groove, den er gerade aufgebaut hatte, spielte quasi gegen sich selbst an, während Santacruz sich nicht beirren liess.

Doch Golia selbst war die Hauptattraktion und naturgemäss der wichtigste Solist der Gruppe. Ich bin ja kein allzugrosser Fan von Holzbläsern, die sich nur im obersten Spektrum bewegen, ein Grund mehr für meine Skepsis, als ich das Instrumentarium vor dem Konzert sah – doch da passte einfach alles, Golia war auf allen vier Instrumenten klasse, besonders auf den beiden Saxophonen. Kein einziger Ton klang quiekig oder störend hoch, das ist einfach seine „Region“ und man merkt, wie wohl er sich dabei fühlt.

Auch darüber sprach ich nach dem Konzert kurz mit ihm, doch ich fragte nach dem Sopransaxophon mit dem speziellen Finish (ein rotbronzig mit silbernen Klappen) – ein neues Keilwerth sei das, es klinge phantastisch und ja, es sähe ganz hübsch aus. Ob ich ein Saxophonist sei, welches Saxophon ich spielen würde? Ich: Ja, aber kein guter. Er: Gute gibt es keine mehr, die sind alle tot … nein, Moment, Sonny Rollins ist ja noch da, und der spielt jeden Tag. Sein Ton mag nicht mehr so gross sein, seine Luft etwas weniger lang ausreichen, aber ich wünschte mir, in meinem Alter (Golia wird in drei Wochen 71) so spielen zu können, wir Rollins das mit 90 (Rollins ist 86) tut. Dann fragte Golia mich, welches Saxophon ich denn gespielt hätte, ich meinte einst vor allem Tenor, später aber vermehrt Alt. Tenor hätte er nie spielen können, er hätte es nie gefühlt. Wohl eben, weil er gänzlich in den hohen Lagen daheim ist. Ein sehr sympathischer Typ jedenfalls.

Mit Santacruz habe ich auch ganz kurz gesprochen, ebenfalls mit dem Inhaber von Dark Tree, Bertrand Gastaut, der einen kleinen Stand aufgebaut hatte und für den Verkauf der CDs der Musiker zuständig war (wenn ich es richtig verstehe, hat er auch die Tour organisiert – und natürlich habe ich bei seinem wie beim anderen Stand ein paar Sachen gekauft, u.a. eine CD, die Ralph Alessi mit ein paar Italienern – unter ihnen Calcagnile – gemacht hat). Sabir Mateen, der seit ein paar Jahren in Italien (wohl seit längerem in Bologna, aber früher auch mal in Novara) lebt, war auch da und hat sich natürlich mit Golia und ein paar anderen unterhalten.


Das ist der letzte Bericht zu einem einwöchigen Urlaub in Italien im Januar/Februar 2017 - zum ersten Teil:
Zum zweitletzten Teil:

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