Teatro alla Scala Chorus and Orchestra
Conductor: Myung-Whun Chung
Salzburg Festival Production
Staging: Peter Stein
Sets: Ferdinand Woegerbauer
Costumes: Anna Maria Heinreich
Lights: Joachim Barth
Elisabetta di Valois: Krassimira Stoyanova
La principessa di Eboli: Ekaterina Semenchuk
Don Carlo: Francesco Meli
Rodrigo: Simone Piazzola
Filippo II: Ferruccio Furlanetto
Il Grande Inquisitore: Eric Halfvarson
Un frate: Martin Summer
Voce dal cielo: Céline Mellon
Thibault: Theresa Zisser
Da möchte ich auf meine Zeilen zur Wiederaufnahme der Züricher Inszenierung verweisen, denn es scheint mir sinnvoll bzw. ich kann gar nicht anders denn die beiden Opernabende im Vergleich zu betrachten.
Der Hauptunterschied liegt in der gewählten Fassung: in Mailand gab
man die vollständige italienische Version in fünf Akten, was dem Stück
auf jeden Fall gut tut bzw., finde ich, an sich die einzige Version ist,
die man überhaupt spielen sollte. Kürzen hätte man z.B. bei den Pausen
können, denn schon nach dem ersten Akt – gemäss dem Plakat, das im Foyer
hing ca. 35 Minuten lang – folgte die erste 25minütige Pause, nach dem
zweiten Akt (ca. 67 Minuten) die zweite, nach dem dritten (ca. 43
Minuten) die dritte, die „nur“ noch 20 Minuten dauerte, den vierte und
fünften gab man dann dankenswerterweise am Stück (ca. 80 Minuten). Mir
hätte die dritte Pause gereicht, aber gut, man sitzt auf den Rängen (ich
sass in der ersten Galerie) so dicht beieinander, dass es eine Zumutung
ist (es gibt nicht einmal Unterteilungen zwischen den Sitzen, keine
Armlehnen, um den hochverehrten Archilochos zu parodieren: man sitzt
buchstäblich Arsch an Arsch, Schenkel an Schenkel. Aber kurz aufstehen
kann man auch bei den Vorhängen, Szenenwechseln, wenn die Bühne umgebaut
wird). Und wenn man erstmal raus geht, zuerst bei der Kasse und dann an
der Bar ansteht, um sich einen überteuerten Drink zu holen, braucht man
halt auch 25 Minuten. Aber gut, soviel dazu.
Die Inszenierung aus Salzburg kannte ich schon von der
TV-Übertragung, die hier inzwischen auch als BluRay herumliegt – der
hatten ja Anja Harteros und Jonas Kaufmann die grossen Hauptrollen
gesungen (ein Teil der Faszination des „Don Carlo“ liegt ja auch darin,
dass es sechs Hauptrollen gibt und dass sich von den Sechsen keine_r
verstecken kann). Die Kostüme und die Bühne schienen mir etwas heller
und bunter, aber das mag an der Differenz zwischen den oft engen
Bildausschnitten einer solchen Opern-Produktion und dem Live-Erlebnis
mit der Sicht auf die komplette Bühne. Das Bühnenbild und die Kostüme
fand ich Zürich sehr viel eindringlicher, aber schauspielerisch war die
Aufführung in Mailand um Welten besser: in Zürich hatte man sich auf das
Herumstehen und Armrudern beschränkt (Sven-Erich Bechtolf halt, ich
begreife nicht, warum der immer wieder an den ersten Häusern
Aufführungen in den Boden rammen darf). Aber die Strenge, die
Eindringlichkeit – und der rabenschwarze Zynismus von Zürich gingen der
Stein-Inszenierung ab, die im Vergleich fast ein klein wenig harmlos
scheinen wollte (und da und dort halt zu sehr Pappmaché-Theater war).
Alles in allem war es nicht ein so intensives Erlebnis wie in Zürich,
auch weil mich die Sänger_innen insgesamt nicht ganz so sehr zu
überzeugen vermochten. Francesco Meli in der Titelrolle fand ich jedoch
sehr überzeugend (und damit etwas besser als Vargas), doch Stoyanova
hatte einen schweren Stand gegen Harteros, anfangs hatte ich mit ihr
ziemlich Mühe, später wurde sie immer besser. Die beiden Bässe waren –
wie in Zürich – hervorragend, der Posa von Piazzola reichte an Mattei
nicht ganz heran, war aber ebenfalls sehr gut. Selbiges gilt für die
Eboli von Semenchuk und Prudenskaya.
Das Orchester war in erster Linie einfach anders, ohne zu werten,
doch fand ich die düstere Züricher Sichtweise stringenter und zwingender
– und letztlich passte dazu auch die gekürzte Fassung: da war eben
alles auf den Punkt, wer braucht ob all der Schicksalsmacht noch den
Plot verstehen? In Zürich unter Luisi ging es ruppig zur Sache, wurde
laut (eine entfernte Bekannte, die auch dort war, fand es sei zu laut,
und ihr hat auch der Carlo von Vargas enorm gefallen, sie scheint aber Vargas
überhaupt enorm zu mögen) und knallte, ohne dass das je billig wirkte
oder Effekte zu erzwingen schien. In Mailand unter Myung-Whun Chung war
der Orchesterklang ausgeglichener, runder, schöner – weniger lebendig,
aber am Ende ähnlich plastisch und elastisch. Für mein Empfinden gelang
es in Zürich besser, die Kraft der Musik – und die Kraft des Werkes
überhaupt – zum Vorschein zu bringen. Dass Bühne und Kostüme dazu
praktisch in Schwarz/Weiss getaucht waren, halt gewiss zur Verstärkung
dieses Eindruckes. Auf jeden Fall hat sich der Besuch gelohnt – und die
Möglichkeit, zwei Inszenierungen einer Lieblingsoper hintereinander zu
sehen hat man ja auch nicht alle Tage.
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Zum vorangehenden Kapitel der Woche in Italian im Januar/Februar 2017:
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Zum nächsten Kapitel:
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